In der Funktionaloptometrie betrachtet man das Sehen, anders als wie in der gewöhnlichen Augenoptik als eine ganzheitliche Funktion. Der traditionelle Augenoptiker beschränkt sich meist nur auf das Messen der Sehstärken, um mit einer Brille oder Kontaktlinsen möglichst eine scharfe Abbildung in beiden Augen zu erzeugen. Dies sagt jedoch noch nichts über die visuelle Wahrnehmung aus, wie stabil das visuelle System ist, wie viele Reserven es hat und wie die beiden Bilder der Augen zu einem Gesamtseheindruck fusioniert werden.
Der Funktionaloptometrist macht dagegen erheblich mehr Messungen, um sich ein Bild des Menschen mit seinen Fähigkeiten und seinen Sehgewohnheiten zu verschaffen. Er ermittelt, ob überhaupt eine Vollkorrektien benötigt wird oder ob sich die Sehprobleme nicht besser auf einem anderen Weg, wie z.b. einer Kombination aus (Teil-) Korrektion und Visual- oder Farblichttraining optimieren lassen. Dieses „mehr“ an Messungen bezeichnet man als visuelle Analyse, in der die allgemeinen Grundfähigkeiten, Augenfunktionen und die Messreihe der OEP (Optometric Extension Program) enthalten ist. Die OEP zeigt, in welcher Qualität die visuellen Fähigkeiten beherrscht werden, wie belastbar sie sind und welche Reserven sie besitzen. Sind die visuellen Fähigkeiten nicht ausreichend integriert, so kann dies zu ganz unspezifischen Sehproblemen führen, die man nicht unmittelbar den Augen zuordnen würde. Dazu zählen z.b.:
- Kopfschmerzen im Bereich der Stirn oder der Schäfen
- Schmerzen im Bereich der Augenhöhlen
- müde und gereizte Augen
- Augenbrennen- oder tränende Augen
- trockene Augen
- erhöhte Lichtempfindlichkeit
- Lern-, Lese- und Rechtschreibschwäche
- Konzentrationsprobleme, Aufmerksamkeits- und Wahrnehmungsdefizite
- Schulische Probleme oder schlechte sportliche Leistungen
Bereits zum Ende des 19. Jahrhunderts entstanden in den USA die Grundlagen der heutigen Funktionaloptometrie mit der Kentniss, dass ein optimales Sehen erst aus dem Zusammenwirken von verschiedenen visuellen Fähigkeiten wie z.b. dem Scharfstellen (Akkommodation), dem Fokusieren (Vergenz), die Augenbewegungen (Motorik), der sensorischen Verarbeitung und der Visualisation möglich ist. Arbeiten diese Funktionen nicht richtig zusammen, so kann es zu den o.g. Beschwerden kommen.

Etwa 25% aller Schulkinder haben eingeschränkte visuelle Funktionen, welche häufig schulische Probleme mit sich führen. So zeigen etwa die Hälfte aller Kinder, die eine Lese- und Rechtschreibschwäche aufweisen, visuelle Einschränkungen. Häufig werden diese Kinder auch voreilig als Verhaltensauffällig eingestuft (z.b. ADS oder ADHS).
Ein weiteres Problem in unserer heutigen Zeit stellt die Digitalisierung dar. Die Anforderungen an unser Sehen haben sich in den letzten Jahren stark verändert, von der Ferne hin zur Nähe. Dies sorgt für zusätzlichen (Nah-)Sehstress, da unsere Augen nicht für stundenlange Nah- bzw. Bildschirmarbeit in geschlossenen Räumen ausgelegt sind.
Auch deshalb nehmen trockene Augen und v.a. Kurzsichtigkeiten mit z.T. schwerwiegenden Spätfolgen immer weiter zu! Bereits mit Hilfe eines Screenings der Visualfunktionen lässt sich herausfiltern, ob nicht eine vollständige visuelle Analyse angebracht ist.
Was wird bei einem Screening der Visualfunktionen alles gemacht?
Anamnese

Ausführliche Anamnese
Computer-Sehtest

Objektive Messung der Sehstärken mit dem Computer und Aberrometrie (Abbildungsfehler der Augen)
Visus

Sehleistung der Augen in der Ferne und Nähe
Refraktion

Subjektive Messung der genauen Sehstärken
Sehfunktionen

Messung vieler Sehfunktionen wie Okulomotorik, Pupillenfunktion, Akkommodation, Vergenzen, Stereosehen u.s.w.
Beratung

Ausführliche Beratung zur Optimierung der visuellen Funktionen
Bei welchen Symptomen empfiehlt sich eine visuelle Analyse?
- bei häufigem Konzentrationsmangel oder rasche Ermüdung v.a. beim Lesen
- Lese-Unlust, langsames Lesen oder Schreiben
- schlechte sportliche Leistungen
- Verwechslung von Buchstaben wie z.b. b und d, p und q
- sehr naher Lese- oder Schreibabstand
- ungenaues Zeichnen oder unsauberes Schriftbild
- unregelmäßiger Abstand zwischen den Wörten beim Schreiben
- Unfähigkeit auf einer Linie zu schreiben
- Kopfschmerzen oder Augenbrennen bei langem Lesen oder Schreiben
- asymmetrische Kopfhaltung oder Kopf-Drehung
- Buchstaben rutschen beim Lesen ineinander
- häufiges verlieren der Zeile beim Lesen
- schnelles Vergessen des gelesenen Textes
- häufiges Reiben der Augen oder zukneifen
- gelegentliche Doppelbilder
- das Scharfstellen zwischen Fern- und Nahsicht dauert sehr lange (bei einem Alter unter 40 Jahren)
- hohe Blendungsempfindlichkeit
- trockene Augen
- Probleme mit der Koordination und dem Gleichgewicht
- häufiges Anstoßen an Gegenständen
Wie lassen sich visuelle Probleme verbessern?
Je nachdem, welche visuelle Fähigkeiten betroffen sind lassen sich folgende Mittel einsetzten:
- spezielle Brillengläser und Kontaktlinsen (z.B. mit einer Akkommodationsunterstützung)
- Prismengläser (Vollkorrektion oder Teilkorrektion)
- Verbesserung des Tränenfilms
- Verbesserung des Makulapigments
- Verhaltens-Optometrie
- Visual-Training
- Syntonic-Farblichttraining
Ab welchem Alter führen wir Funktionaloptometrie durch?
Wir führen die Funktionaloptometrie bei uns an Schulkinder (ab 6 Jahren), Jugendliche und Erwachsene durch. Für jüngere Kinder verweisen wir an die eigens dafür ausgebildeten Kinderoptometristen, die mit speziellen Sehtesten und für Kleinkinder geeignete Geräte auch die Augen unserer Jüngsten vermessen können. Diese finden Sie unter der Extertensuche der WVAO:
Was kostet eine visuelle Analyse bzw. das Screening der Visualfunktionen?
Das Screening der Visualfunktionen ist sowohl als Individual-Sehcheck für 119,- buchbar bzw. im Premium-Sehcheck für 169,- EUR enthalten. Es stellt eine Vormessung zur visuellen Analyse dar.
Wird im Anschluß die komplette visuelle Analyse durchgeführt, so erhöhen sich die Kosten auf insgesamt 249,- EUR (bzw. 299,- EUR beim Premium-Sehcheck). Beim Kauf einer Brille innerhalb von 3 Monaten werden EUR 49,- verrechnet.
Wichtiger Hinweis:
Die Durchführung der visuellen Analyse erfolgt idealer Weise nach einer Vorstellung der Problematik bei einem Augenarzt zur Abklärung pathologischer Ursachen.
Nur wenn eine Augenerkrankung ausgeschlossen werden kann, ist es sinnvoll mit der funktionaloptometrischen Messreihe zu beginnen.
Da wir keine speziellen Kinderoptometristen sind, können wir Messungen bei Kleinkindern oder Kinder im Vorschulalter nicht durchführen.
Derzeit bieten wir noch kein Visualtraining an, sondern beschränken uns lediglich auf die Analyse und die Korrektur mit Brillengläsern. Das Visualtraining folgt voraussichtlich ab Herbst 2022.
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